Sie können sich gleich zweimal die Angst aus den Fugen schütteln, erstens mache ich es kurz, nicht ganz, damit Ihnen noch ein waches Ohr bleibt, für die Bilder. Ich fange auch nicht an mit irgendwelchen Allegorien, dass dabei die Haare ausgehen, an denen man sie herbeigezogen hat. So wie troubled water oder Bridge over. Wobei es ja nicht falsch ist, denn da, wo Kunst ist, ist troubled water. Hier im Gewölbe hängt rein unzufällig eine cloud tag Wasser, Fotografien der Trinkwasserbehälter von Frankfurt, meine Aufnahmen in den Tresoren von 1988. Und schon ist der trouble präsent. Denn es fehlt überall. Das Wasser.

Lieben Dank an die Österreicher, die es punktuell immer wieder schaffen, der deutschen Sprache ein bisschen globale Läufigkeit zu verleihen. Wir Deutsche sagen trocken Ortsbesichtigungen, in Österreich fängt es sofort an zu leuchten: Lokalinaugenscheine.

Hier handele ich mit einer Ortskritik. Ich wollte oben auf der Brücke anfangen, in den letzten Jahren wagen sich ja Viele heraus, nachdem ich ihnen mein Projekt gezeigt hat, dass es erhaltungswürdige Hessen – Denkmäler der Industrie und Technik (1981-1986) gibt. Jetzt reklamieren alle, die Honsellbrücke sei ihre Lieblingsbrücke. Sorry, meine Lieblingsbrücke, oben drauf habe ich bereits 1981 Porträts gemacht. Geliebte Brücke mit geliebter Frau. Sie ist heute eine der renommierten Psychologinnen der Schweiz. Und mich findet man wo sonst standesgemäß unter der Brücke. Da, wo die Kunst haust.
Entrez chez Montez oder auch Entrez et montez. Tretet ein und hängt auf. Frau man kann gar nicht alles überblicken, da hängt tatsächlich Einer im Sesselchen, schon seit zwei Stunden, bis man sich wagt, ihn anzusprechen. Wieviel bekommen Sie für die Sitzperformance? Wie peinlich, der ist echt. Oder man nähert sich hältig von hinten einer weißen Frau. Doch sie weicht nicht. Anja. Erstes Modell, Tochter  der Gipsqueen Wanda Pratschke, Bildhauerin. Von 1971. Die Brücke als Zufahrt zum Osthafen seit 1912, darunter nackt seine eigene Geschichte zeigendes Betongewölbe, gegenüber der, weg ist sie, Großmarkthalle von 1928, mit größter damals freitragender Halle der Welt 55 x 220 m., verewigt als Buch der Baufirma Dyckerhoff + Widmann: Die Kunst des Wölbens. In der Kultur geht ohne Stütze gar nichts. Wenn man hier reinkommt, ist man drin. Was für ein Satz. No matter what gender what genre what age. Ein riesiges Biespennest,  1.300 qm wollen gewogen, nicht ausgewogen bespielt werden.  Überall wird geschraubt, Joachim ist der Sorgenfalter, niemand kommt hier ohne eigene Geschichte rein. Er hat es am einfachsten, aus dem Land, in dem es von 1945 bis 1989 hieß: Hast Du keine blühende Landschaft – dann denk‘ Dir Eine. Somit ohne Um-Sozialisation gerüstet für die Montez‘sche Jetztzeit. Noch ungekrönter hessischer Bohrloch-Dübel-Recycler. Schätze, Herr Fischer hasst ihn.  Unter jeder Wand gucken seine regen Füße raus. Hier geht sie echt ab, die Hermes. Mittendrin die Chefbiene, diesmal männlich, der General Motor, läuft unermüdlich, wie seine Nebensätze, die man sofort abspeichern sollte, bevor er wieder weg ist bei der nächsten Blüte. Darin liegt seine Gabe der Kommunikation, wenn’s sein Muss, gibt’s auch einen Stich, mutiert die Biene zur Wespe. Im Der Energieträger Mirek Macke, aus Itawa Polen stammend, kurz vor ihm ostpreußisch, deutsch, russisch umkämpft. Studium u.a. der interdisziplinären Kunst als Meisterschüler bei Prof. Hermann Nitsch an der Frankfurter Städelschule. Bleibt die Frage des Einflusses. Meistens stehen ihm zweifach die Haare zu Berge ob der viel zu vielen Kunst, die ihm angetragen wird. Seine, sorry,  Mackenzeichen. Herzlichen Dank herzlichen Dank. Ja zweimal, einmal dafür, hier hängen zu dürfen, dann für die zweite Einladung, das wieder einzuladen zu dürfen, was ihm eben an Kunst zu viel war.

Um die erste Frage gleich zu beantworten, wie kommt man auf eine solch abwunderliche Idee, Fotografien von unterirdischen Räumen, Unterwelten – Orte im Verborgenen 1987 – 1993 aus dem Dunkel heraus gemeißelte Lichtskulpturen. Geheimnisse lüften zu wollen liegt in der Natur des Menschen, als Kind hat mich immer das gedanklich gebündelt, was in meiner unmittelbaren Nähe lag. Ich hatte oft Hausarrest von meiner überforderten Mutter, da blieb nur das Fenster zum Hof mitten am Rand der Innenstadt. Links in der Ecke ein riesiger Weinkeller, durch die angefressene Tür roch es kalt, sauer, moderig. Dicke Schläuche, riesige Tanks, Rotwein, an den Wänden casmidium cellulare, nein keine Handies. Der Suffpilz, auf österreichisch: Köllakotz, Kellerkatze. Erneut Dank an die Sprachnachbarn. Hunderte klirrende Flaschen, die Symphonie der Abfüllung. Das erste kindphantasieanregende Gewölbe. Der Mutterleib bleibt mal außen vor. In der Bücherei Der Berg der Abenteuer von Enid Blyton, die Entdeckung einer Atomanlage. Erste Klassikplatte Peer Gynt Suite des Norwegers Edvard Grieg: Die Halle des Bergkönigs – der war ich. Rundherum im Viertel und überall in der Stadt Häuser, die nicht mehr stehen, Kellerfundamente. Idealer Ort, die Fantasie zu trainieren. Wie anhand von dem, was blieb, sah das Haus aus? Fundstücke. Wenn die Verhöre beim elterlichen Abendessen überhandnahmen, zog ich mich in den häuslichen Keller zurück, geheizt, gefüllt, Ruhe vor den verbalen Angriffen auf mich als Mensch. Meine Gegenwelt. Da war sie bereits, meine Unterwelt.

Schulweg täglich durch das Rotlichtviertel heutige Konrad-Adenauer Straße. Zweiter Schulweg durch die Trümmerhügel. Bis man nach Jahren auf die Idee kam, stattdessen die B3 dort laufen zu lassen, wo sie es heute breitschneisig tut, reckten sich weltkriegsdeformierte Stahlträger aus der Hügellandschaft in den morgendlichen Himmel, erste historische Stolperpfade, auf denen ich authentisch Geschichte studieren konnte. Antworten auf meine Fragen dazu versanken in den Sofakissen des Schweigens der verantwortlichen Generation.

1979 Besichtigung des Alten Klärwerks Niederrad, Dantes Hölle, Piranesi’s Visionen, ich hatte Arachnophobie, tausende Kreuzspinnen,  16 Absetzbecken voller blubbernder, Sie wissen schon. Dann fing ich an, dieses Helldunkel obenunten diese einzigartige Kanalkirche zu dokumentieren. Scheitern, Kontraste zw. beinhartem Licht und dem Schwarz, da kam der geliebte Kodachrome Film nicht mit. Neuer Film, besser, aber immer noch unbefriedigend. Ende Nikon. Hasselblad. Schulden. Dann kamen Bilder, Monate, bis ich sie hatte, Millionen von Mücken, im Sommer Rollkragen. Meine Kathedrale, der Katholischen hatte ich längst den Rücken gekehrt, hier blieb ich.

Visionen, hier waren sie.

Meine Energien werden immer dann losgelassen, wenn ich mit etwas nicht einverstanden bin, Ungerechtigkeit mir oder anderen gegenüber. Dann mobilisiere ich meine Gegenposition. Wichtig, Aggressionen ernst zu nehmen, ihnen auf den Grund zu gehen und dann gezielt die Ursache anzugehen. Nur dadurch verändert sich das Gefühl, ich durchlebe es, schaue logisch auch bei mir, was ist mein ursächlicher Anteil. Besser ein bitterböses Foto oder einen Spruch raushauen, da wo er hingehört, als monatelang schwanger zu gehen mit einer Wut, von der man nicht mehr weiß, woher sie kommt, wie ein außer Kontrolle geratener Torpedo versucht, unschuldige Menschen umzunieten.

Die Fotografie, ein wichtiger Werkzeugkasten für einen gesunden Umgang mit Gefühlen. Sublimation. Reise in die Unterwelt, mein Kloster, mein Refugium, meine Auszeit, mein Coaching. Hier war ich ich. Wenn es mir oben zu stressig wurde, Überlastung bei der Arbeit in der Werbefotografie, habe ich das Geld genommen, bin wieder abgetaucht. Habe es genossen, inklusive Kontemplation. Wie und was ich will, hier war ich der Träger der Entscheidungen. Film Director. Dokumentarische Fotografie, bis in den letzten Winkel; Fotos als Transportvehikel für Informationen, die Geschichte des Ortes. Die aber auch zeigen, so ging es mir. Damit entlasse ich Sie als Zuschauer in meine Bildunterwelten, in die eigene Phantasie. Danke für Ihr Dasein.

Vier Wochen später verneigt sich der Kunstverein Familie Montez vor den zahlreichen Besuchern der aktuellen Ausstellung des Malers Kai Teichert, der sich täglich von seiner schlafstattlichen Matratze darunter an seinem eigenen Lebensbaum auf Leinwand emporgearbeitet hat. Ein prächtiges Oeuvre voller Gedeih, doch das Idyll trügt mit einer Perspektive, die dunkler nicht sein könnte. Unser Ist-Zustand, zwischen zu viel Hitze und zu wenig Wasser, einstürzenden Bergbauten und kranken Männern auf dem Ritt in den Weltuntergang.

Die Apokalypse vorweggenommen, und das bereits 1972, hat der Grafiker Bernhard Zich, dessen Zyklus aus acht Tableaus sich selbst den Auf- und Niedergang von Menschheit und Kultur um die Ohren haut. Disavowed Evolution, erstmalig öffentlich ausgehängt. Minutiös frisst die Evolution ihre Kinder.

Bei all dem medialen und virtuellen Wind, der an diesem avanciertem Kult-Ort hiesig seit 2012 generiert wird, versucht man, bescheiden zu bleiben, auf einem Teppich mit dem Alltime-Award-Millionensassa Jimi Hendrix, der zu seiner Erdenzeit immer wieder Kostproben eigener earthiness gab. Frage des Moderators, ich glaube, es war David Letterman: Wie fühlt es sich als bester Gitarrist der Welt an, hier zu sein? Hendrix: Oh nein, sagen wir, als bester Gitarrist auf diesem Stuhl.

Warum kommen die meisten Leute hierher? Die Schätzungen – vermutlich daneben. Zur Kunst? Auch. Zum Gegucktwerden? Durchaus. Vielleicht am ehesten: Zum Pinkeln. Erbarmen – die Pisser kommen, schreit es unter der Brücke der vereinten Kunstoberaufsicht. Falsch. Alle willkommen, alle sind herzlich eingeladen zum Abbau ihrer Hemm- und Harnschwelle. Neulich, vorn am Waschtisch im Vollkunstbereich der Naßzellen ein Riesenbohei, voll heiter, 4 oder 5  Männliche im gefährlichen Alter gegen 20. So schnell ist kein Online-Übersetzer, ich Vollkornbrot vom Vortag verstand nur weissdwasschmein!?, reichlich Knappwasser spritzte, man versuchte, Luftballons mit wilder Farbe zu füllen. Viel zu laut. Aber sie hatten Spaß, daran war ja nichts Grenzwiderwärtiges, wie sonst der gesellschaftlichen Gruppe dieses Alters oftmals, oftmals zu Recht, oftmals zu Unrecht angestempelt wird. Also übte ich Toleranz,  keineswegs schädlich, befand ich mich doch in einer sehr schwachen Position, strebte in eine der Kabinen, vermied gegen Ende der Verrichtung eine Spülung, die nur dazu gedient hätte, diese Fake- Botschaft an den Waschtisch zu senden: Endlich hat der Alte sich seiner Wässer entledigt. Dabei sah ich mich in der zwängen Box nur genötigt, meinen Oberkörper von einem völlig eisnassen Schwitzhemd zu befreien. Hier hagelt es punktuell Kritik am Verein der familiären Kunst. Eine Klozelle ohne Kleiderhaken ist wie heisse Pommes auf die Hand, hier ist Schranke.

Später draussen tänzelte ein Fotograf um die Ballonisten herum, er stiess archaisch rudimentäre Restsätze aus, wohl um seine Aufnahmefähigkeit zu beweisen. Mir erschloss sich die Erkenntnis, aha, ein Projekt, eine Aktion, ein Event, nicht um den Eigenbedarf der Nassfröhlichen zu befriedigen. Man kümmerte sich weniger um den persönlichen Augenblick, das Erleben seiner selbst willen, vielmehr ging es wie neuzeitlich oft darum, auf der Dauermesse der Aufmerksamkeits-Ökonomie den Pitch zu gewinnen. Gut, die schrillende Farbe auf dem Boden, hoffen wir ausnahmsweise mal auf einen dringenden Regen.  

Apropos, gibt es schon ein Ranking in Deutschland mit dem userfreundlichsten Verteilerschlüssel von Toilettenhäuschen im Stadtgebiet? Nach Frankfurt brauchen die Prüfer erst gar nicht kommen. Ein Grundbedürfnis wird nicht ernstgenommen. Ich will nicht den Preis für ein geschlechtsneutrales Pinkelhäuschen mit den Kosten für die Abwahl eines queraussteigenden Oberbürgermeisters gegenrechnen. Obwohl. Dank Montez lebt es in der Stadt allein dadurch besser.

Wir begegnen Daniel Mouson, da, gern Zeitfenster für Besucher, Engagierte und Künstler öffnend. In Frankfurt und im Kunstverein verankert als Linienrichter, persönlich, strategisch, und an der Wand, seinem Zuhause. Gibt der Kunstfamilie Halt, subtil wie ein Grafiker seinem Format.

Bei Montez kommen die Menschen raus aus der schweigsamen häuslichen Iso-Kammer, finden hier eine Alternative z.B. zur kostenintensiven Vitrinen-Gastro. Heimat, Zwischentöne, hier kann Jede mit Jedem auf Höhe multitasking in Kontakt treten. Ein multinational inspirierendes Gewölbe, auch Dank seiner schieren Dimension das kreative Austauschforum der vielhundertjährigen Frankfurter Messe.

Nebenan Hochbetrieb im Wasserhafenpark, Skater, Scooter und Touristen, Jogger, Blogger. Alles überragt von der EZB, von der Gemüse- zur Geldkirche. Wach bleibt die schwärzeste Stadtgeschichte von vielen Tausenden jüdischer Deportierter im Keller, Besichtigung der Klagewände bei Terminen möglich. Sie schreien.  .  

Heute viele Mütter Kinder wagen, auch Kunsthungrige. Hier ist Frankfurt Metropole. Musik hören, frei nach Loriot, einfach nur sitzen, sich begegnen. Überall in der Welt draussen vor der Tür wie drinnen nirgendwo gibt es Entrinnen. Hier: Beziehungen möglich, nicht gestaffelt nach Status und Konsum. Preisfrage: Was ist ein Buttadentro? In Venedig die Jobbeschreibung für einen Mitarbeiter, der Passanten von der Straße aus penetrant ins Lokal argumentiert, man will nur ihr Bestes. Der Reindrücker. 

Mensch kommt und bleibt, tritt ein, in Frankfurts Osten nichts Neues, alles aus dritter Hand. Eigenkonstruktionen, die etwas verlangen. Respekt, dafür hat sich vorher eine krummgelegt, für Alle. Wie bei Muttern Übungsbienenstich, Kaffee auf die Filter-Tour, selbstlose Preise, Darin liegt neben der Kunst der Reichtum. Ach was. die verdienen ihr Geld mit Langzeitstudien über die Abnutzungserscheinungen von Polstergarnituren im öffentlichen Raum. Der Sponsor winkt hinter der schwedischen Gardine. Auch nicht. Letzte Woche hatte ich eine 8er Truppe im Zug, Rotweiss, Bierkiste plus jeder mit Tüte mit Dosen, Gegröle als habe der Rest des Abteils aus brünftigen Hirschinnen bestanden. Keine Stunde später, Abteil leer, Bierkiste leer mitten im Gang. Ich entscheide mich beschwerten Herzens, das diesmal als Trinkgeld für das klärende Bahnpersonal zu werten. Eine junge Frau regt sich über das Müllerbe auf, unternimmt nichts, die Verursacher längst freigelassen in die Öffentlichkeit. Bei Montez gäbe es dafür eine lecture oder einen Gong, Aufforderung, ab zum Yoga: Erste rechts. Viele Mitmenschen nutzen die Bahn als temporäres Wahnzimmer, im Kunstverein Montez undenkbar. Einer der Kommunikativen, hier verantwortlich, hätte mit Argumentation, erst zu schlechterletzt mit Sanktion, es wäre hilfreich, meint ihr nicht? Wir befinden uns in einem besonderen Raum, ich nenne ihn sozialen Lernort. Unter der nur scheinbar alltäglichen Kuppel wird kuratiert agiert gestaltet mit oder gegen den Raum, reflektiert, in Frage gestellt, über alle Schubladen hindurch. Und gefeiert wird auch, auch sich, näher als kulissengerahmt vor dem berühmten Fussbalkon. Wohnzimmer, ruft da jemand. Genau. Oft an Ort und beharrlicher Stelle wird skizziert, dokumentiert, verwirklicht, Utopien im Boden verankert, an denen wir alle prüfen können, ob sie zu unseren Eigenen passen. Der Negadenker lamentiert, das meiste, was die hier ausstellen, sagt mir nichts. Gut so, diesen Vorgang nennt man Geschmacksbildung. Die wird auch bei special projects gefördert, wie Jazz Montez, Slam Montez, und bei der üppigen Freifläche ist es naheliegend, sich gruppiert zu Yoga Montez auf dem Boden zu gründen.

Ob sie wollen oder nicht, für die ausstellenden Künstler, oft noch bar jeder Erfahrung, wie ihre Exponate ankommen. Während des Aufbaus zwar geschlossen, dennoch ein ständiges Kommen und Gehen von Lieferanten, Handwerkern, Machern, Medienmenschen, und schon ist man mittendrin im Gespräch über Hängung, Auswahl, Preise, Wahrnehmungen, auch wird harsch kritisiert, für die Urheber ein komprimiertes Praxissemester, unbezahlbar, weil so gemeint. Das kann und muss auch mal wehtun. Die Vorstufe, ich will nicht sagen zur Hölle des Kunstmarktes. Willkommen in der Störfactory.

Letzten Samstag erscheint eine hüne Dame schreitenden Alters, entverhüllt in Smaragd, Chiffon und geschlitzten Jeans, Typus wie die persönlich wie monetär hoch geschätzte Nachbarin Madame Labanque, tätowiert über ihre athletischen Fastzweimeter, Blick Egofokus, da gibt es kein Entrinnen, das Tubinar How to pimp your Selbstbewußtsein hat sie sich in die Haare gegelt. Siegessicher jagt sie auf den schwarz verschlossenen Eingang zu Kai Teicherts Höhlenmalerei zu, sich dabei ihres sie sehr wahrnehmenden Hallenpublikums versichernd. Le téatre c’est moi. Vor dem Durchgang fett und breit ein Botschaftstisch. Gesperrt. Wirft kokett die rasierten Haare in den tätowierten Nacken und die bestimmende Stimme Richtung einer zufällig nebenstehenden Frau. Ich kann doch mal eben meine Beine hier drüberschlagen. Bin so neugierig. Nein, das geht nicht, der Künstler möchte das jetzt nicht. Zweiter Versuch, auch er ein krachendes Scheitern. Langsam dringen wir zum Kern vor, um was geht es in dem Laden mit dem holprigen Namen? Die Dame ist mit dem, was aussen in der Welt angesichts ihres Auftretens oft funktioniert, gescheitert. Dieser Auftritt hat ihr etwas gegeben, auf sozialverträgliche Art hat die Angesprochene ihr gezeigt, früher sagte man: Wo der Bartel den Most holt. Die Grenze. Bei Montez hat ihr System ein Update bekommen. You can’t always get what you want.

Zu einer anderen Gelegenheit begegneten sich einige erlesene Hunde, hatten Lust aufeinander, das Gewölbe stieß an die akustischen Grenzen des Publikums. Augen wie Hälse wurden symbolisch verdreht. Mittendrin zu hören der stoische Singsang  des Mirek Macke. Wieso, laßt sie doch, das sind Hunde, die freuen sich auch, ist doch schön. Der Mensch ist nicht wichtiger als der Rest der Wesen, die leben. Wieder so eine Botschaft, zum Innehalten, Umdenken. Eine Glaubensverbindung, lose, nicht beliebig. Gleichberechtigung, Toleranz.

Frankfurt hat viele Brücken, unter ihnen meist ratlose Ödnis. Kunstverein Montez – eine Gegenwelt aufgebaut auf privaten Energien mit vielen Optionen für Ausserartiges, im Kleinen wie im Großen. Zu plump die Utopie, andere Brücken zu nutzen zur Schaffung von Räumen, in denen wie hier interaktives kreatives Zwischenleben in den Stadtteilen weiterentwickelt werden kann? Plattformen der Kommunikation, dringender denn je, einvernehmliche Antworten und Lösungen zu entwickeln für eine konstruktive Brückenzeit. Denn, angesichts schreit es uns mittlerweile aus jeder Lebensecke entgegen – wo wollen wir hin?

© 2022 Peter Seidel
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